Unbekanntes Wrocław: Ein Fenster ins All

Data aktualizacji: 2016-10-18

Diesmal hat uns unsere Neugier in das Observatorium und Planetarium des Astronomischen Instituts der Universität Wrocław in der ul. Kopernika geleitet. Viele fragen sich beim Vorbeigehen am charakteristischen Gebäude: Was befindet sich dort? Wir haben hinein geschaut. Früher war es für die Wissenschaftler ein Fenster ins All. Heute lernen dort Studenten, es gibt auch ein Planetarium.

Der heutige Standort der Sternwarte ist nicht der erste in der Geschichte der Wrocławer Wissenschaft, von dem die Forscher den Himmel beobachteten. Als das erste Observatorium galt der heute überwiegend als Aussichtspunkt bekannte Mathematische Turm. Anfangs wurden die Himmelsstudien dort sporadisch durchgeführt. Erst mit Professor Longinus Anton Jungnitz, der dort in den Jahren 1790-1791 eine Sternwarte einrichtete, kam es in Wrocław zur Geburt der akademischen Astronomie. Als das wichtigste Instrument der Sternwarte galt damals die Meridianlinie, die auf dem Fußboden im Turm markiert wurde. Begleitet wurde sie vom Gnomon, einem der ältesten und einfachsten astronomischen Instrumente. Die Linie des 17. Meridians ist im Turm noch heute zu sehen.

Beobachtungen von der Insel

Ende des 19. Jh. errichteten die Wissenschaftler ein weiteres, provisorisches Observatorium auf der Schleuseninsel gegenüber dem Universitätsgebäude. Die Sternwarte befand sich zwar in Baracken, war dennoch mit astronomischen Instrumenten ausgestattet, die für damalige Zeiten beeindruckend waren, später gelang ein Teil von ihnen in die ul. Kopernika.

Pläne für einen Umzug aus der Stadtmitte an den Stadtrand gab es bereits um die Wende 1912 und 1913. Allerdings erst im Jahr 1917 wurde für den Standort ein Grundstück am Rand des Scheitniger Parks (heute Szczytnicki-Park) ausgewählt. Damals befand sich dieser Standort am Stadtrand und war dunkel genug, um dort nächtliche Beobachtungen durchzuführen. Heute sind die Bedingungen wesentlich schlechter. Die Umgebung ist mittlerweile dicht bebaut und es gibt zahlreiche Lichtquellen. Bevor das Hauptteleskop unter die Kuppel des Zentralgebäudes kam, mussten noch einige Jahre vergehen.

Ein elitärer Studiengang

Wir konnten sehen, was aus dieser Zeit erhalten geblieben ist, und es ist doch noch eine ganze Menge. Heute werden in der Sternwarte am Parkrand keine wissenschaftlichen Beobachtungen mehr durchgeführt. Das ins All gerichtete Auge der Wrocławer Universität befindet sich in Białkowo. Es ist ein kleiner Ort 70 km von Wrocław entfernt, wo es viel bessere Bedingungen für Himmelsbeobachtungen gibt. In der ul. Kopernika werden nur gelegentlich Beobachtungen für Hobbyastronomen und Studenten durchgeführt. Neben dem Observatorium und  denUnterrichtsräumen besuchten wir auch das Planetarium, wo unter Kindern und Jugendlichen Astronomie popularisiert wird.

Unsere Führerin durch das gesamte Gelände ist M.A. Barbara Cader-Sroka vom Astronomischen Institut. Wir beginnen mit dem Hauptgebäude und der mit dem Unterrichtsraum verbundenen Bibliothek. Die Bücherregale sind im Obergeschoss aufgestellt, man betritt es durch eine fast vertikal aufgestellte Metalltreppe. In den Regalen findet man u.a. Zeitschriften aus der Mitte des 19. Jh., unterschrieben von Johann Gottfried Galle, dem Entdecker des Neptuns und der Ringe des Saturns, der auch Direktor des Wrocławer Observatoriums war. Außerdem gibt es dort alte Sternenkataloge und Publikationen über die Theorie der Astronomie zu finden.

Im Hörsaal fällt uns die Anzahl der Sitzplätze auf. Es sind so wenige, dass man sofort erkennen kann, dass es sich bei Astronomie um einen elitären Studiengang handelt. – Es sind nur rund ein Dutzend, sie reichen aber für alle, selbst im ersten Studienjahr - sagt Barbara Cader-Sroka.

Wir gehen nach oben, dort auf der Terrasse, im speziellen, auf Schienen aufgestellten Schrank ist ein kleines, in Berlin hergestelltes Instrument zur Beobachtung der Sonne erhalten geblieben. Ein spezieller Mechanismus aus Zahnrädern, Ketten und Gewichten bringt das Teleskop in leichte Bewegung, die der Geschwindigkeit der Erdbewegung gleicht. Kaum zu glauben, wie präzise diese Einrichtung ist, denn heute werden die Teleskope durch kleine Elektromotoren bewegt und per Computer gesteuert.

Das Herz des Observatoriums

Wir begeben uns in den obersten Bereich, in das Herz des Observatoriums. Unter der hölzernen, aufwändig konstruierten Kuppel befindet sich ein 203-mm Clark-Repsold-Refraktor. Er wurde 1881 gebaut und steht seit 1925 unter der Kuppel im Szczytnicki-Park. Bis 1945 wurde der Refraktor zur Beobachtung der Position der Doppelsterne, Kometen oder Sternverdeckungen verwendet. – Er befindet sich im Ruhestand, ist jedoch immer noch funktionsfähig. Die Beobachtungen werden hier von Hobbyastronomen durchgeführt, die an den populärwissenschaftlichen Vorträgen des Instituts teilnehmen – erklärt Barbara Cader-Sroka.

Die Kuppel öffnet man mittels einer speziellen Einrichtung aus Rädern und Leinen. Alles wurde zwar vor fast hundert Jahren errichtet, funktioniert dennoch sehr präzise und einwandfrei. Die gigantische Holzkonstruktion lässt sich auch vollständig mithilfe von Elektromotoren in Bewegung setzen. Im Raum befinden sich Mond- und Himmelskarten sowie Möbel – darunter ein historischer Sessel, aus dem die Wissenschaftler bequem ihre Beobachtungen durchführen konnten. Wir besichtigen noch ein Gebäude im Inneren der Anlage, dessen Dach sich auf speziellen Schienen verschieben lässt. Dort befinden sich ein Vertikalkreis sowie das Durchgangsinstrument von Repsold, mit denen die Daten für die Sternekataloge gesammelt wurden. Die Untersuchungen wurden dort noch in den 50er Jahren des 20. Jh. durchgeführt. Heute führt man sie auch mittels Teleskope durch, die auf Satelliten installiert werden.

Der Himmel auf Großleinwand

Wir beenden unseren Ausflug im Planetarium, das sich im Bildungspavillon im Inneren der Anlage befindet. Seine Anfänge reichen in die Zeit zurück, als die Wissenschaftler vom Astronomischen Institut für das Niederschlesische Festival der Wissenschaft im Park ein kleines Planetarium aufgebaut haben. Die Einrichtung war so beliebt, dass sie für das nächste Festival etwas Größeres bauen wollten. Auf eigene Kosten errichteten sie auf speziellem Gerüst eine schiefe Leinwand. Nach dem Festival kam diese in das Institutsgebäude und so entstand ein Mini-Planetarium. Heute gibt es dort eine moderne und professionelle Konstruktion.

Die Wissenschaftler haben ein gutes Vorführgerät gekauft, dessen Licht auf ein Halbkreisspiegel fällt und auf eine speziell gebogene Leinwand reflektiert wird. Es ist nur ein kleines Planetarium, dennoch, wenn es dunkel wird, sehr beeindruckend. Man kann dort spezielle populärwissenschaftliche Vorträge über Sternbilder, Sterne, Galaxien oder andere Himmelskörper sehen. Besucht wird es vor allem von Schulklassen

Zdjecie Janusz Krzeszowski

Janusz Krzeszowski