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Ausstellung: Der Rattenfänger

Eine der Protagonistinnen der Ausstellung Der Rattenfänger sagt während ihrer Performance: „Ich habe diese Situation vorbereitet, um die Gegenwart zu schaffen".

Eine der Protagonistinnen der Ausstellung „Der Rattenfänger" (Szczurołap) sagt während ihrer Performance: „Ich habe diese Situation vorbereitet, um die Gegenwart zu schaffen". Die Künstlerin vollzog durch ihre Tätigkeit eine Geste, die auf die Konfrontation mit dem Alltag zielt. Indem wir die Strukturen der Wirklichkeit untersuchen, können wir die Fallen der Automatisierung und der Zufälligkeit der Welt vermeiden und demzufolge ihre Mechanismen verstehen und verstellen. Alle Arbeiten, die in der Ausstellung vorgestellt werden – deren Entstehungszeit von den 1950er Jahren bis in die Gegenwart reicht – erörtern auf vielschichtige Weise die sich verändernde Rolle und Stellung des Einzelnen bezüglich der sozialen, politischen und Zivilisationsbedingungen. Die Werke der geladenen Künstler, die mitunter entgegengesetzte Perspektiven und Erfahrungen repräsentieren, gestalten eine Erzählung, die sich auf die menschliche Natur und Psyche konzentriert.

Der Titel der Ausstellung ist eine Anknüpfung an den Dokumentarfilm von Andrzej Czarnecki, der von Techniken eines Rattenbekämpfungsspezialisten handelt. Der Protagonist bringt die Methoden der eigenen Arbeit nah, indem er von einem Auftrag zur Rattenbekämpfung in einem Fleischereibetrieb erzählt. Die Intelligenz der Tiere ruft in ihm Bewunderung und Sympathie hervor, dennoch bleibt er skrupellos.

Das Filmdoku entstand im Jahr 1986, drei Jahre nach der Aufhebung des Kriegsrechts in Polen. Es wurde damals als Metapher der systematischen Überwachung der oppositionellen Untergrundbewegung durch die kommunistischen Sicherheitsdienste verstanden. Heute erlauben die Vielschichtigkeit dieses Dokuments und die darin vorgestellten Jagdstrategien eine Beurteilung nicht nur aus der historischen Perspektive. Die Filmerzählung wurde in der Ausstellung zur Ursprung einer parabolischen Narration, die zwischen der Realität und dem Phantasma über die Dämmerung der lateinischen Zivilisation verankert ist. Ihre essayistische Form betont die Spannung zwischen der individuellen Betrachtung der Begriffe, Bedürfnisse und Wünsche und den sozialen Determinanten. Eine der in der Ausstellung gestellten Hauptfragen lautet: „Ist dein Geist voller Güte?".

Im selben Jahr als der „Rattenfänger" entstand, fand die Katastrophe im Atomkraftwerk von Tschernobyl statt und der deutsche Soziologe Ulrich Beck veröffentlichte seine Abhandlung „Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne". Der im Titel enthaltene Begriff wuchs zur Kritik der Industriegesellschaft heran. Die Folgen der Entwicklung der Zivilisation und Technologie resultierten nämlich in unumkehrbarem Wandel, der nicht mehr zu beherrschen ist und gleichzeitig auch die Parameter des sozialen Lebens modifizierte. Beck versuchte dabei zu belegen, dass die alte Ordnung, die auf Nationalstaat, Klassengesellschaft und Patriarchat beruht, allmählich Vergangenheit wird. Er wies auf die mit der Entwicklung der Zivilisation einhergehenden Gefahren hin – ökologische, gesundheitliche, technologische und soziale ebenso wie auf den globalen Charakter des Risikos, das die Modernisierung begleitet. 

In der heutigen Zeit, dreißig Jahre nach Becks Diagnose, wird in der vollkommen globalisierten Welt die Flucht vor Konsequenzen immer schwieriger. Technologische Errungenschaften, die der Menschheit die dominierte Stellung zusichern und gleichzeitig die Quelle der Destabilisierung der soziopolitischen Ordnung bleiben. 

Das Museum der Gegenwart Wrocław lädt zur Ausstellung „Rattenfänger" ein. 

  • Vernissage: 11. Mai (Freitag), 19.00 Uhr, Eintritt kostenlos.
  • Kuratorenführung: 19. Mai (Samstag), 20.00 Uhr, Eintritt kostenlos.

Veranstaltungsdetails
muzeumwspolczesne.pl

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