Unbekanntes Wrocław: die älteste Kirche im Schatten des Doms

Data aktualizacji: 2016-10-18

Von den vielen Kirchen der Dominsel besuchen wir heute eine der kleinsten. Die St. Egidius-Kirche ist das älteste aktive Gotteshaus unserer Stadt.

Die Kirche gehört zur Domgemeinde und deshalb wird uns auch Prälat Adam Drwięga – der Priester der Gemeinde, durch diesen Ort führen. – Es gibt wohl in Polen keine andere Gemeine, die drei Kirchen aus dem 13. Jahrhundert besitzt, denn neben dem Dom und dieser Kirche gibt es noch die hl. Kreuzkirche – betont der Priester.

Die St. Egidius-Kirche (Kościół świętego Idziego) kann man leicht übersehen – sie befindet sich an der Nordseite der großen Gestalt des Doms, deshalb - wörtlich und im übertragenen Sinne – liegt sie in dessen Schatten. Die kleine Kirche wurde in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet, auf Anordnung von Wiktor, dem Dekan des Wrocławer Domkapitels. Die Tradition, wie auch die heute noch sichtbaren Sockelprofile der Kirche lassen daraus schließen, dass das Gebäude an Stelle eines älteren Vorgängers entstanden ist.

Betritt man den Innenraum und blickt in Richtung des Chors, kann man eine große Überraschung erleben. Der Altar ist nicht zu sehen, verdeckt von einem Pfeiler, der das Gewölbe stützt. – In der Mitte befand sich noch eine Säule dieser Art - Priester Adam Drwięga zeigt uns im Fußboden eine Stelle, an der die Säule stand. Im Fußboden befindet sich auch der Eingang zur Gruft. Man vermutet, dass die Kirche als Grabkapelle für den Herzog von Oppeln und den Wrocławer Bischof Jarosław von Oppeln (1198-1201) konzipiert war. – Wir möchten bald die Gruft besichtigen, und ich gebe zu, dass ich, solange ich hier Priester bin (seit 1985 – Anm. der. Red.), noch niemals dort war – betont der Hausherr.

Wir gehen vorbei an der Säule, die den Chor verdeckt und sehen ein zeitgenössisches Relief mit der Darstellung des seligen Papstes Johannes Paul II. sowie eine restaurierte Figur von Christus und der Muttergottes aus dem 18. Jahrhundert, umgeben von vier Evangelisten. Neben dem Chor befinden sich hier noch eine Darstellung Moses und eine Geißelungsszene.

Gottesdienste für Kindergartenkinder und Handwerker

Das Innere der St. Egidius-Kirche kann an Werktagen nur durch ein Gitter betrachtet werden, allerdings jeden Sonntagvormittag finden hier Gottesdienste für Kindergartenkinder statt und die Kirche ist offen. Dieser Ort dient auch als Gebetsraum für die Wrocławer Handwerker, wofür die im hinteren Bereich angebrachten Emblemata einzelner Zünfte hindeuten. In der Kirche werden außerdem Reliquien des hl. Zygmunt Gorazdowski, des sog. "Lwówer Apostels der Barmherzigkeit" aufbewahrt. – Dieser heilige Priester stammt aus Sanok, ähnlich wie ich, deshalb habe ich mir sehr gewünscht, dass seine Reliquien hierher kommen – sagt Prälat Adam Drwięga. An der Wand der Kirche befindet sich auch eine Tafel für die Pioniere der Stadt Wrocław. Das Gebäude war nach dem Krieg nur zu 20 Prozent zerstört (der Dom zu 70 Prozent), deshalb haben sich die Polen, die nach Wrocław kamen, auch an diesem Ort zum gemeinsamen Gebet getroffen. Die Kirche wurde damals von den Franziskanern betreut, die seit 1888 hier lebten.

Betritt man die St. Egidius-Kirche in Wrocław, kann man sich dort – obwohl man sich mitten in der Stadt befindet – wie in einer kleinen Dorfgemeinde fühlen. Es ist schön, eine Weile diese Ruhe und die Atmosphäre der romanischen Kirche zu spüren, die – obwohl sie die älteste ist, von vielen Wrocławern noch entdeckt werden muss.

Zdjecie Arkadiusz Cichosz

Arkadiusz Cichosz